RUW-Jungzüchterfahrt mit besonderem Höhepunkt

Jungzüchter

Am 28. Februar 2013 startete der Bus und sammelte auf seinem Weg in Richtung Süden von Deutschland alle 40 Jungzüchter ein. Nach einigen Stunden Fahrt wurde unweit von unserem Hotel der erste Betrieb angesteuert. Hierbei handelte es sich um den Braunviehzuchtbetrieb Härle im schwäbischen Dorf Erlach. Dieser Betrieb liegt mitten in der kleinen Ortschaft und ist durch seine Nachbarn baulich sehr eingeschränkt. Allein das machte den Hof für unsere Jungzüchter sehr interessant, denn schließlich ist es eine enorme Herausforderung für die Familie Härle, ihren Betrieb optimal zu strukturieren und zu organisieren, um die Rentabilität zu halten. Seit vier Jahren werden die 65–70 Braunvieh-Kühe mit einem Melkroboter gemolken. Im Durchschnitt liegt die Milchleistung bei ungefähr 9.000 kg Milch pro Kuh. Insgesamt bewirtschaftet Mathias Härle mit seinem Vater, der als 0,8 AK angestellt ist, den Betrieb allein. Viele bauliche Veränderungen und Verbesserungen auf dem Hof werden meist in Eigenleistung gebaut. Im Anschluss an die intensiven Gespräche zwischen Hofbesitzern und Jungzüchtern erreichten wir unser Hotel Apfelblüte.

 

Technik die begeistert!

Nach einer erholsamen Nacht ging es am nächsten Tag für die Jungzüchtergruppe in einen Betrieb, der sich vom Hof der Familie Härle durchaus unterscheidet. Hier erwartete die wissbegierige Jugend ein Hof, der besonders durch sein hervorragendes Management bekannt ist. Es handelt sich um die Blickle & Sohn GbR in Winterlingen. Der Ortsname ist hier Programm. Der erste Stall wurde 1967 anlässlich einer Aussiedlung auf einer Höhe von 790 m übern NN mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 6,2 C° gebaut. Familie Blickle bewirtschaftet ausschließlich 160 ha Grünland. Pro Jahr können max. vier Schnitte für die Grassilage gemacht werden. Alle weiteren Futtermittel, u.a. 14 ha Mais, Gerstenstroh, Biertreber usw., werden dazu gekauft. Das gesamte Futter teilen sich 200 Kühe und 150 Jungtiere, wobei die Herdenleistung bei ca. 9.550 kg Milch pro Kuh liegt. Ein leistungsbezogenes Kraftfutter wird nicht zugeteilt. Gemolken wird mit einem 24er Melkkarussell (Innenmelker), welches seit 2008 in Betrieb ist. Die Warmwasserversorgung im Melkstand und im Wohnhaus erfolgt durch die 75KW-Biogasanlage. Besondere Erwähnung sollte im Boxenlaufstall das automatische Selektionssystem finden. Hierbei werden direkt nach dem Melken die Kühe mittels des Brunsterkennungssystems in einen separaten Bereich geschleust, wo sie für den Besamungstechniker fixiert werden können. Nach intensiven Gesprächen und Kaffee und Kuchen ging es weiter zum kulturellen Höhepunkt dieser Exkursion. Ziel war das Hohenzollernschloss in Sigmaringen mit der größten privaten Waffensammlung Europas, kostbaren Gobelins und zahlreichen Jagdtrophäen. Dieses Schloss ist das Wahrzeichen von Sigmaringen und thront seit 1077 als Burg und seit 1908, nach einem verheerenden Brand, als Residenzschloss der Fürsten von Hohenzollern gut sichtbar über der Stadt. Es dient seit 1535 als Sitz der Grafen und späteren Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen.

 

Anbindehaltung war einmal!

Nach der Schlossführung und einem kräftigen schwäbischen Mittagessen ging es weiter zum nächsten Holsteinzuchtbetrieb. Hier überraschte uns der Landwirt Uwe Bauer mit einem nagelneuen Boxenlaufstall, der wohldurchdacht gebaut und 2012 in Betrieb gegangen ist. Vorher molk die Familie Bauer ca. 27 Kühe noch in Anbindehaltung. Durch intensiven Einsatz von gesextem Sperma, das unter anderem von den RUWSELECT+ - Bullen Defoe und Julandy stammt sowie dem Zukauf einer anderen Milchviehherde konnte seine Herde auf ca. 87 Milchkühe und 75 Jungtiere bis zur Fertigstellung des neuen Stalls aufgestockt werden. Interessant für uns alle war zu erfahren, wie die Umstellung der älteren Kühe von der Anbindehaltung zum Melkstand verlaufen war. Auch Herr Bauer hatte hierbei gewisse Probleme erwartet, doch mit Ruhe und etwas mehr Zeitaufwand klappte die Umstellung sehr gut. Überraschend war jedoch das Verhalten der Tiere bezüglich der Futteraufnahme. Sie waren es gewohnt, dass direkt vor Kopf in der Anbindehaltung das Futter vorgelegt wurde. Nun standen sie in ihrer Box und verlangten lautstark nach Futter. Es hat Zeit und noch mehr Geduld gekostet, bis die Tiere verstanden hatten, dass das Futter auf der anderen Seite hinter den Fressstangen auf dem Futtertisch liegt. Nach vielen Fragen und Antworten, leckerem Kuchen und noch einer Tasse Kaffee ging es nun für die Jungzüchter zurück zum Hotel, wo die ehemalige Weinkönigin Miriam Heckel vom Weingut Markgraf von Baden die Jungzüchter zu einer sehr guten und durchaus auch lustigen Weinprobe erwartete.

 

Europäische Holsteinschau

Am folgenden Samstag ging es  früh mit dem Bus in Richtung Schweiz nach Fribourg zur Europäischen Holsteinshow. Für fast alle Jungzüchter was das der erste Besuch einer solchen hochkarätigen Veranstaltung. Hier zeigten sich die perfekten Schaukühe. Jeder konnte beobachten, wie jedes Land seine Tiere betreut, wie sie für den Ring vorbereitet und dann im Ring in Szene gesetzt wurden. Es wurde ein langer, aber durchaus ereignisreicher Tag für jeden, denn es waren alle europäischen Länder vertreten. Deutschland präsentierte sich mit der jungen BADRUM-Tochter WR Diana von der Wiewer-Rellmann GbR aus Drensteinfurt, die den Klassensieg holte. Hautnah konnten wir erleben, wie die Decrausaz Iron O'Kalibra von Boss Iron (Besitzer: GS Alliance, Bürglen (CH) / Pat Conroy (USA)) als schönste Holsteinkuh Europas ausgewählt wurde. Diese Show hinterließ einen bleibenden Eindruck bei jedem von uns.

 

 

Besuch eines RUW-Mitgliedsbetriebes

Nach dem spannenden Tag in Fribourg hieß es am nächsten Morgen Koffer packen und zurück in Richtung Norden. Auf dem Rückweg legten wurde noch einen Zwischenstopp auf dem Direktvermarkter-Betrieb Milchhof Soonwald der Familie Bange aus Seibersbach, einem Mitgliedsbetrieb der RUW, ein. Christian Bange präsentierte den Jungzüchtern zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern einen sehr modernen Betrieb. Aufgrund von Flächenmangel hat sich die Familie zusätzlich für die Direktvermarktung entschieden. Hierbei wird nicht nur Milch, sondern auch Joghurt in den verschiedensten Geschmacksrichtungen vermarktet. Die Jungzüchter kamen Dank der vorbereiteten Probierschälchen in den Genuss, die verschiedenen Joghurtsorten zu verkosten. Im Betrieb der Familie Bange stehen ca. 130 Jungtiere und 140 Kühe, deren Milch zu 1/3 an die Molkerei und 2/3 in die Direktvermarktung geht. Insgesamt betreuen sie zusammen mit 19 Mitarbeitern und Aushilfskräften 3.000 Kunden. An Tagen, an denen produziert wird, werden 2.000 l Milch pasteurisiert und anschließend gleich zum eigentlichen Verkaufsprodukt verarbeitet.

 

Zum Schluss geht ein großes Dankeschön an Heinrich Schulte von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und Frau Nörr von der Rinderunion Baden-Württemberg, die die Exkursion so hervorragend geplant haben. Bedauerlicherweise konnte Heinrich Schulte dieses Jahr die Fahrt nicht begleiten, aber dafür freuen sich die Jungzüchter umso mehr auf die nächste Exkursion im kommenden Jahr. Ein weiteres Dankeschön geht an alle Betriebe, die sich Zeit für die RUW-Jungzüchter nahmen.

 

 

Bettina Hueske und Tim Mehrkamp haben die schönsten Moment fotografisch festgehalten. Die gelungene Bildergalerie könnt ihr euch hier angucken. 

 

 Friederike Laustroer