Statement einer Agrarbloggerin!

"Konventionell oder Bio, Massentierhaltung oder Bullerbü? ...

 ... In vielen Köpfen gibt es zu jedem dieser Begriffe eine vorgeprägte Meinung. Doch stimmen diese oftmals verbreiteten Bilder überhaupt?

Schon oft wurde ich gefragt, warum wir nicht auf biologische Bewirtschaftung und Haltung umsteigen. Meistens kommt diese Frage nach einem Hofrundgang. Nicht selten ist die Skepsis im Vorfeld groß, doch nach gut einer Stunde Rundgang sind 120 Kühe bei den meisten Besuchern plötzlich keine Massentierhaltung mehr, sondern eine ruhig und entspannt lebende Herde in einem offenen Laufstall.

Doch wie kommt es zu diesem Vorurteil? Sicherlich liegt es zum einen daran, dass die Gesellschaft im Wandel ist, in Deutschland und Europa Nahrungsmittel für viele kein Luxusgut mehr sind und die Ernährung dadurch viel mehr hinterfragt wird. Während in anderen Ländern noch immer Menschen verhungern, habe ich das Gefühl, dass wir hier manchmal über das Ziel hinaus schießen. Wir beschäftigen uns in Deutschland mit der Krümmung einer Gurke, der Haltung von Tieren (zu Recht, jedoch in Maßen!) sowie manchmal auch damit, andere (fremde!) Menschen im Internet aufs Tiefste zu beleidigen oder zu diskriminieren. Das wiederum lesen auch andere - viele folgen dem Mainstream, die wenigsten informieren sich wirklich.

Hinzu kommt, dass moderne Ställe von außen oftmals wie riesige Industriehallen wirken.

Das liegt vor allem daran, dass unsere Tiere möglichst viel natürliches Licht und Luft bekommen sollen. So erleben die Kühe die Natur hautnah mit. Mal mit frischem Wind, Regen oder Schnee oder auch gerade jetzt mit der tiefstehenden Sonne, die auf den feuchten Nasen der Kühe glitzert.

Im Sommer sorgen Ventilatoren und der offene Stall für Abkühlung. Es gibt Massagebürsten, rund um die Uhr Zugang zu frischem Wasser und Futter. Die Kühe können mehrmals am Tag freiwillig zum Melkroboter laufen und ganz entspannt gemolken werden, auch nachts. Drei Mal täglich werden die Liegeboxen im Kuhstall gesäubert und regelmäßig neu eingestreut, sodass unsere Damen trocken und sauber liegen können.

Und dann wären da ja noch wir Landwirte. Wir alle benötigen keinen Hut, auf dem "Ich bin Biobauer" steht, um gut mit unseren Tieren umzugehen. Denn: In beiden Branchen gibt es viele tolle Landwirte, jedoch auch schwarze Schafe. Eine "offizielle" Bewirtschaftungsform gibt also keine Aussage darüber, wie mit den Tieren umgegangen wird.

Auch so kontrollieren wir alle täglich die Gesundheit unserer Tiere und handeln im Notfall so schnell es uns möglich ist. Egal, wie viel Zeit es uns kostet.

Selbst wenn sich im Laufe der nächsten Jahre auf unserem Hof etwas an der Haltung ändern würde, würde ich unsere Mädels weiterhin täglich mit Namen begrüßen, zum Kraulen und Streicheln immer wieder kurz stehen bleiben und regelmäßig Kuhzungen an Kleidung, Haaren und im Gesicht kleben haben.

Das alles machen Tiere übrigens nur, wenn sie dem Menschen vertrauen. Würden wir unserem Ruf als Tierquäler nachkommen, bliebe sicherlich keine Kuh freiwillig stehen oder würde gar auf uns zukommen.

Einzig die Weidehaltung und eine Menge Bürokratie trennen uns aktuell von dem Stempel "Tierwohl". Die Weidehaltung ist noch ein großer Traum von mir- viel wichtiger ist es jedoch, dass wir ausreichend Futter für die Tiere ernten können. In einer viehstarken Region wie unserer ist das also weder ein leichter, noch aktuell finanziell tragbarer Schritt. Auch ohne Mehrerlös achten wir Landwirte jedoch schon jetzt z.b. auf den Natur- und Umweltschutz, geringeren Antibiotika-Verbrauch, höheren Komfort oder beschäftigen uns mit alternativen Haltungsformen.

So erleben und lieben wir jeden Tag aufs Neue die Landwirtschaft mit all seinen positiven und negativen Facetten. Egal, ob wir zehn Kühe halten oder 500. Es kommt nie auf die Anzahl der Tiere an, sondern immer auf das WIE.

Was wir Landwirte untereinander noch lernen müssen: Wir müssen alle an einem Strang ziehen und uns auch selbst nicht dem vorgefertigtem Bild fügen. Egal ob wir nun konventionell oder biologisch wirtschaften, muttergebundene Kälberaufzucht praktizieren oder auf einem Demeter-Betrieb arbeiten.

Es ist übrigens auch egal, welchem Verband man angehört, welche politische Ansicht man verfolgt oder welchen Titel man trägt. Nur wenn wir alle gemeinsam versuchen, die Landwirtschaft in Deutschland zu erhalten, können wir unser Ziel am Ende hoffentlich erreichen. Jeder auf Seine Art, aber dennoch alle gemeinsam. Denn wenn es schon untereinander Hetze gibt, ist keinem geholfen.“

"Man Müsste Mal" (WDR) hat ein passendes Interview mit Bettina geführt.

"Influencerin vom Bauernhof: Bettina kämpft für ein besseres Agrar-Image"

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