In dieser Woche durften wir zusammen mit unserem Partner GGI-Spermex drei Gäste aus Kenia im RUW-Gebiet begrüßen. Zu Gast waren zwei Vertreter von GGI-Kenia sowie ein Vertreter einer der größten Molkereigenossenschaften. Zusammen besuchten wir Betriebe verschiedener Rassen im RUW-Gebiet, um Merkmale und Stärken der Rassen aber auch das Management, die Fütterung und unterschiedliche Betriebskonzepte kennenzulernen.
Wirtschaftlichkeit im Fokus
Los ging es in Herzebrock-Clarholz bei Familie Rolf. Vor zehn Jahren auf die Rasse Jersey umgestellt, melken sie heute 70 Kühe mit einer beeindruckenden Leistung von 8.323 kg Milch mit 5,11% Fett und 3,84% Eiweiß. Die Entscheidung auf Jersey umzustellen, fiel einerseits aufgrund der hohen Inhaltsstoffe und da die Rasse besser ins Konzept des Betriebs passte. Betriebsleiter Fabian Rolf stellte uns die Vorteile der Rasse vor, betonte aber gleichzeitig, was bei Management und Fütterung zu beachten ist. Rolf selbst legt Wert auf eine hohe Wirtschaftlichkeit, so ist die komplette Herde typisiert und eine Anpaarung erfolgt mit den höchsten wirtschaftlichen Vererbern. Dabei werden 25 % der Herde gesext besamt, alle anderen Kühe werden mit Fleischrassen, vor allem Weißblauen-Belgiern, belegt.
Saisonabkalbung und Sommerweide in Münster
Vor etwa fünf Jahren begann Betriebsleiter Jan Schedding mit der Rasse Angler. Der neue Stall wurde 2022 fertiggestellt und umfasst einen großen Tiefstreuliegebereich, einen planbefestigten Fressbereich und einen Auslauf. Die Kühe kalben saisonal zwischen Oktober und Dezember. In den Sommermonaten verbringen sie die meiste Zeit auf den Weiden rund um den Hof und werden zweimal täglich im Doppel-8er Side-by-Side-Melkstand gemolken. Aufgrund der saisonalen Kalbung legen Scheddings großen Wert auf die Fruchtbarkeit und wollen eine robuste und gesunde Kuh im Stall, die hohe Inhaltsstoffe liefert. Zum Zeitpunkt des Besuchs waren alle Tiere trockengestellt. Die letzte Laktationsleistung lag bei etwa 7.500 kg Milch, 4,9% Fett und 3,4% Eiweiß. Da es sich noch um eine junge Herde handelt, dessen ältesten Kühe gerade in der 2. Laktation sind, ist das volle Leistungspotenzial noch nicht ausgeschöpft. Ein besonderes Konzept verfolgt der Betrieb auch in der Kälberaufzucht. In einem großzügigen Tiefstreustall stehen die Kälber ab dem ersten Tag an in Gruppen zusammen. Jan Schedding ist besonders von der Bewegungsfreiheit in diesem Konzept überzeugt und hat bereits positive Entwicklungen festgestellt. Im ersten Durchgang mästet der Betrieb nun auch die eigenen Bullenkälber sowie Kreuzungen aus Angler x Hereford.
Zuchtstrategie, die Früchte trägt
Nächster Halt war der Holsteinbetrieb von Andreas Pröbsting in Everswinkel. Familie Pröbsting melkt 170 Kühe und ist Typisierungsbetrieb der ersten Stunde. Andreas und sein Bruder Christoph stellten uns ARIZONA-Mutter Tosca sowie die Nachzuchten des Bullen Gladius und der RUW-Vererber SIMON P und SIGNAL P vor. Christoph Niehues-Pröbsting erklärte, was ihnen bei der Zucht besonders wichtig ist. Zum Einsatz kommen stets die höchsten RZ€-Vererber. Diese Zuchtstrategie spiegelten die Kühe gänzlich wider. Neben einer enormen Leistung von knapp 12.700 kg Milch und dem hohen Gesundheitsniveau beeindruckte auch die Lebensleistung der Herde, die seit Beginn der Typisierung maßgeblich zugenommen hat. Um unseren Gästen einen Eindruck der Exterieurbewertung zu geben, beschrieb Christoph Niehues-Pröbsting anhand der unterschiedlichen Nachzuchtkühe auf welche Merkmale besonders zu achten wäre.
Am Mittwoch ging es zur Besichtigung der Besamungsstation Borken. Im Bullwalk präsentierten sich beeindruckend SIMON P, sein Sohn SIGNAL P und der sehr beliebte RUW Bulle ARIZONA. CR 7 P und HUNDRED P rundeten bei den Holsteins die Vorführung ab. Als hervorragender Kreuzungspartner für Holstein präsentierte sich unser Aberdeen Angus SIKU. Ebenfalls vorstellen konnten wir den reinerbigen Jersey DIXIE PP. Stationsleiter Dr. Ulrich Janowitz gab anschließend einen umfassenden Einblick in die Arbeiten im Labor und die verschiedenen Qualitätskontrollen. Empfehlungen im Umgang mit Sperma und beim Vorgang der Insemination waren besonders von Interesse, da unsere kenianischen Gäste für die Schulung ihrer Besamungstechniker verantwortlich sind.
Doppelnutzungsherde mit hohem Leistungsniveau
Unser letzter Stopp führte die GGI-Besuchergruppe an den Niederrhein zum Fleckvieh-Betrieb der Familie Zerbe. Nach einer kompletten Keulung aufgrund von BHV-1 baute die Familie eine beeindruckende Herde von 230 Kühen auf. Neben einer hervorragenden Leistung von 10.900 kg Milch mit 4,1% Fett und 3,6% Eiweiß bestachen die Fleckviehkühe mit hervorragenden Fundamenten und sehr guten, festen Eutern. Trotz hoher Leistung besteht die Herde durchweg aus kapitalen Kühen, die dem Doppelnutzungscharakter bestens entsprechen. Bei der Bullenauswahl wird Wert auf Milchleistung und den Fleischwert sowie auf Fundamente und gut melkbare Euter gelegt. Der Betrieb Zerbe gehört zu einem der ersten Fleckviehbetriebe am Niederrhein und stellte bereits 1984 auf die Doppelnutzungsrasse um. Die Begeisterung und das Engagement fürs Fleckvieh haben sie bis heute beibehalten. Neben intensivem Herdenmanagement und Fütterung ist dies sicherlich Teil ihres Erfolgs.
Der Dank gilt unseren RUW-Betrieben, die es ermöglicht haben, unseren Gästen aus Kenia einen umfassenden Einblick in die deutsche Milchviehhaltung und verschiedene Betriebskonzepte zu geben.