Erstmalige Veröffentlichung der genomisch unterstützten Zuchtwerte

Allgemeine News

Der August 2010 wird sicherlich als entscheidender Monat in die Geschichtsbücher über die Rinderzucht eingehen. Basierten die Zuchtwerte bisher auf reinen Pedigree-, Eigen- und Töchterinformationen, werden diese seit dem 17. August 2010 durch Gen-Daten ergänzt. Im Fachjargon werden sie auch als „genomisch unterstützte Zuchtwerte“ (gZW) bezeichnet.   Die RUW hat die neuen Zuchtwerte mit großer Spannung erwartet und Überraschungen erlebt. Durch den Einbezug der genomischen Daten wurden die bisherigen Werte teilweise nach unten und in vielen Fällen nach oben korrigiert.   GIBOR unverändert gut Drei RUW-Bullen befinden sich unter den Top 20 der schwarzbunten Vererber. GIBOR (RZG 141) macht den Anfang (3. Platz) und präsentiert sich unverändert mit sehr guten Zuchtwerten. Mittlerweile hat er seine wertvollen Gene an        14 352 Töchter (+ 1 223) weiter vererbt. Die genomische Analyse hat bei diesem bewährten Bullen kaum einen Einfluss genommen.  Der O-Man Sohn ANGELO (RZG 140) ist einer der höchsten Neueinsteiger bei den Schwarzbunten und belegt Platz 7. ANGELO stammt aus der bekannten Kuhfamilie von Henkesseen M Hillary EX 94 (O-Man x BW Marshall x Rudolph x Hillary EX 94) und ist aus einem Gemeinschaftsprojekt (Testbullenaustausch- programm) der RUW mit UNECO – heute Gene Diffusion – hervorgegangen. Hervorzuheben ist seine Milchleistungs- vererbung (+ 1 367) bei gleichzeitig guten Eiweißprozenten (+ 0,05 %). Unser beliebter Ramos-Sohn RADON (RZG 133) hat durch den Einbezug der genomischen Daten Punkte verloren und belegt jetzt Platz 20 der Schwarzbuntliste. Einbußen musste er bei der Nutzungsdauer (RZN 111) hinnehmen. Besonders stark bleibt er aber in der eiweißstarken (+ 0, 09 %) Milchleistungsvererbung (+ 1 123 kg). Dass RADON enorme Vererberqualitäten besitzt, zeigen einige seiner Töchter, die sich bereits in der 2. Laktation befinden. Hierüber haben wir bereits vor geraumer Zeit berichtet. Den Artikel können Sie Opens external link in new windowhier lesen.   TIRAMISU erzeugt grandiose Milchleistung Er ist der höchste Titanic-Sohn Deutschlands: TIRAMISU (RZG 130) überzeugt in fast allen Merkmalen. Mit einem RZM 131 (+ 1) und 2 002 kg Milch gehört er zu den besten Leistungsvererbern Deutschlands. Bereits im Juni überzeugte sich eine Delegation verschiedener Zuchtverbände von seinen Qualitäten. Präsentiert wurden neun Tiramisu-Töchter, die sich durch Körperstärke und Robustheit auszeichneten. Den genauen Bericht über die TIRAMISU-Nachzuchttour können Sie Opens external link in new windowhier lesen.   O-Man hinterlässt seine Spuren Die August-Zuchtwertschätzung beweist einmal mehr, dass der Bulle O-Man hervorragende Qualitäten vererbt. Neben ANGELO tummeln sich weitere männliche Nachkommen unter den besten schwarzbunten Vererbern. Erwähnenswert ist an dieser Stelle OMATIDO, der mit RZG 132 direkt auf Platz 25 der Top-Schwarzbunten eingestiegen ist. OMATIDO ist ein Sohn aus der ehemaligen Nr. 1 Kuh Italiens New Farm Aaron Quantita EX 91. Der Vollbruder von OMATIDO ist die Nr. 1 in Italien. Seine Schwestern Quality VG 87 und Quantate VG 86 (Bes.: Buttig- hoffer, Nachrodt-Wiblingwerde) sind die beiden wohl am meisten international als Bullenmütter genutzten O-Man-Töchter Deutschlands. OMATIDO ist ein Garant für hohe Eiweißprozente (+ 0,19). Seine Töchter zeichnen sich durch einen tiefen Körper und sehr gute Beinen aus. Das wohl interessanteste Abstammungsprofil der O-Man Söhne weist OMGEN (RZG 129) auf: O-Man x Aaron x Esquimau x Lucky Leo. Diese Kuhfamilie hat bereits Bullen wie Emil II, Tucano, Homerum, Jorrik und Improver hervorgebracht. Die Töchter von OMGEN zeichnen sich durch hohe Eiweißprozente (+ 0,10), hoch aufgehängte Euter und sehr guter Bewegung aus. Das einzige Manko: Der Sperma-Vorrat ist leider begrenzt, da OMGEN nicht mehr lebt. Wer bis hier hin aufmerksam gelesen hat, dem wird aufgefallen sein, dass ein Merkmal prägend ist für die O-Man Söhne: die hohe Eiweißvererbung. Das trifft auch auf  OMJET zu, der mit RZG 128 und 0,18 % Eiweiß ein gutes Vererberprofil präsentiert.   TABLEAU und TAPAS – Zwei Rotbunte auf Erfolgskurs Einen vollen Erfolg stellen die Ergebnisse der Red Holsteins-Bullen dar. Gleich sechs rotbunte RUW-Bullen befinden sich unter den Top 10. Und auch die Nr. 1 wird von der RUW gestellt. TOCAR (RZG 136) ist der neue leadership der Rotbunten. Der Topred-Sohn hat mehr als 80 Töchter zusätzlich hervorgebracht und gehört mit RZM 138 zu den besten Leistungsvererbern Deutschlands – unabhängig von der Farbrichtung. TOCAR belegt sogar auf der Interbull-Ebene den Platz 1. Auf Platz 4 folgt ihm der bekannte MALVOY, der drei RZG-Punkte hinzu gewonnen hat (RZG 131). Seine ersten Töchter aus dem Vererbereinsatz bestätigen diesen gefragten Bullen. Das gesexte Sperma von MALVOY funktioniert übrigens sehr gut.   Bestes Exterieur (RZE 126/+1) gepaart mit einer extrem hohen Nutzungsdauer (RZN 122/+ 7) – das zeichnet TABLEAU (RZG 128/+3) aus. Belegte dieser beeindruckende Bulle im April noch den Platz 13 aller rotbunten Vererber, so schafft er es jetzt sogar auf Rang 6. TABLEAU stammt aus der Stadel-Kuhfamilie, ist außerdem sehr gut geeignet für Rinderbesamungen und verspricht den Landwirten ausdrucksstarke und hoch funktionale Töchter. Ein zweiter vielversprechender Talent-Sohn ist TAPAS (RZG 127). Er ist der zweithöchste rotbunte Neueinsteiger der RUW und nimmt direkt den Platz 9 ein. TAPAS stammt aus der Kuhfamilie von TOCAR, Woody, Curtis und Kylian. Seine Mutter ist Massia 20, die wohl beste Lentini-Tochter der Niederlande. Maria-Red ist TAPAS Vollschwester. Sie war das teuerste Verkaufstier bei dem HighlightSALE 2006 mit 9 200 Euro. TAPAS vererbt eine enorme Milchleistung (+ 1 886 kg) sowie eine gute Nutzungsdauer (RZN 110) und verspricht damit eine hohe Lebensleistung.   Bewährt – bekannt – beliebt: CARMANO Er ist vielleicht der beste Vererber, den die Red Holstein-Zucht Deutschlands je gesehen hat. Insgesamt hat CARMANO (RZG 128) bis heute 3 427 Töchter (+ 1 624) hervorgebracht, die ihren Vater den Platz 7 in der rotbunten Rangliste verschaffen. Die Zuchtwerte CARMANOs sind leicht nach unten korrigiert worden, was als Effekt von sehr vielen jungen Töchtern mit nur 1 bis 2 Kontrollen interpretiert werden kann. Im November wird CARMANO seine Stärken unter Beweis stellen, wenn er eine Auswahl seiner besten weiblichen Nachzucht bei  der EuroTier 2010 vorzeigt.   Frische Brise bei den Rotbunten Die neue Nr. 8 der Rotbunten heißt LUANGO (RZG 127). Dieser kanadische Bulle stammt von einer interessanten Blutlinie ab: Luigi RF (kanadischer Rudolph-Sohn) x Champion x Glen Drummond Splendor RF, die eine der angesagten Stammkühe der aktuellen Holstein-Zucht in Kanada ist. LUANGO-Töchter zeichnen sich durch eine hohe Milchleistung (+ 1 796 kg) bei knapperen Inhaltsstoffen (- 0,11 % Fett / - 0,18 % Eiweiß) aus. Das Minus bei den Eiweiß- und Fettprozenten wird jedoch durch niedrige Zellzahlen (RZS 111) relativiert. Töchter von LUANGO präsentieren sich milchtypisch und etwas schmaler. LUANGO ist als Färsenbulle geeignet und passt abstammungsmäßig auf alle aktuellen Blutlinien im Red Holstein-Bereich. WESTPOINT (RZG 126, Platz 13) macht ebenfalls durch sein Outcross-Pedigree auf sich aufmerksam: Westwind RF (Wade-Sohn) x Kian x Rudolph. Seine Stärke liegt ganz klar bei den funktionalen Merkmalen Nutzungsdauer (RZN 124), Eutergesundheit (RZS 118), Fundamente (114) und Euter (117). Auch WESTPOINT ist durchaus für Rinderbesamungen geeignet und vererbt bei mittlerer Milchmenge hohe Inhaltsstoffe (+ 0,18 % Fett / + 0,14 % Eiweiß). Neu in der Riege ist auch SERO (RZG 119). Dieser junge Vererber ist der Sohn von Avanti - eine Vollschwester zu Pandora (September x Paradox) aus der Adria-Familie. Die Euter seiner Töchter zeigen eine hohe Qualität bei einer guten Milchleistung (+1 065 kg) und soliden Inhaltsstoffen (+0,04 % Fett/-0,08 Eiweiß). Stabile Gesamtzuchtwerte weisen die bekannten Red Holstein-Bullen KISKA (RZG 126) und LUDOX (RZG 125) auf.   Fazit Welche Schlussfolgerungen können aus der August-Zuchtwertschätzung gezogen werden? Klar ist, dass die genomisch unterstützten Zuchtwerte die Sicherheit der Vererberinformationen erhöhen. Die momentane Gewichtung der genomischen Werte sollte jedoch immer noch kritisch hinterfragt werden, wenn Vererber wie RADON, die sich bereits durch qualitativ wertvolle Töchter in der 2. Laktation bewiesen haben, trotzdem noch so stark von den genomischen Daten beeinflusst werden. Nichtsdestotrotz hat die jetzige Zuchtwertschätzung wieder verdeutlicht, dass die RUW zum einen mit bewährten Bullen und zum anderen mit interessanten Neulingen verschiedenster Abstammungen bestens für die Zukunft gewappnet ist.   Hartwig Meinikmann Gudrun Wacker