RUW Report 94

Zucht RUW REPORT 36 | Nr. 94 9/2018 DD control: Erstmals Zuchtwert gegen Mortellaro Auf vielen Betrieben ist DD die Klauener- krankung. Aufgrund der hohen Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes und das Tierwohl, haben die deutschen Zuchtorganisationen zusammen mit der Arbeitsgruppe um Prof. Swalve, Uni Halle, ein genomisches Zuchtwertschätzverfahren gegen die Mortellaro`sche Erkrankung ent- wickelt. DERMATITIS DIGITALIS UND IHR ERREGER Hervorgerufen wird DD durch sogenannte Treponemen, bewegliche schraubenförmi- ge Bakterien. Diese gelangen meist durch befallene Zukaufstiere in den Bestand und verbreiten sich durch einzelne erkrankte Tiere in der Haltungsumwelt der Rinder. Doch nur das bloße Vorhandensein der Tre- ponemen reicht für einen Krankheitsaus- bruch bei einem Tier nicht aus. Erst wenn eine Kuh z.B. durch einen Energiemangel in der Hochlaktation in ihrer Abwehrkraft geschwächt ist, können die Erreger die Im- munabwehr des Tieres überwinden und Krankheitssymptome hervorrufen. Nach einer Übertragung bohren sich die Trepone- men aktiv in die tiefen Hautschichten der Klauenhaut, dorthin wo sie weder das Im- munsystem des Tieres noch Medikamente erreichen können. Bricht die Krankheit bei einer Kuh aus, zeigen sich in der Frühpha- se zunächst kleine scharf abgegrenzte Lä- sionen, meist am weichen Ballen oder im Zwischenklauenspalt. In der Frühphase ist die Erkrankung noch nicht schmerzhaft, so dass zunächst noch keine Lahmheit bei den Tieren auftritt. Das tiefrote, runde und höckerige Erscheinungsbild der Läsion ha- ben der Dermatitis ihren deutschen „Spitz- namen“ Erdbeerkrankheit eingebracht. Bleibt DD in der Frühphase unentdeckt, breitet sie sich weiter auf der Klauenhaut aus und wird schmerzhaft für die Tiere. Im Stall fallen akute Fälle durch eine leichte bis mittelgradige Lahmheit auf. Beim Blick auf die Klauenhaut unmittelbar oberhalb des weichen Ballens der Hintergliedmaßen be- stätigt sich dann der Verdacht: Mortellaro. Wird nun behandelt, ziehen sich die Tre- ponemen tief in die Klauenhaut zurück. Es entsteht die chronische DD, die als solche kaum noch zu erkennen ist. Eine echte Hei- lung ist das aber nicht! Wird das Immunsys- tem der Kuh z.B. durch eine Hitzeperiode oder eine Kalbung geschwächt, flackert die Erkrankung wieder auf und der Teufelskreis beginnt von neuem. ZUCHT GEGEN DERMATITIS DIGITALIS Die Behandlung gegen DD ist aufwändig, teuer und oft nicht erfolgreich: Besser wäre es doch, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Schon länger ist bekannt, dass bei manchen Tieren immer wieder akute Mor- tellarostadien auftreten, während andere Tiere in der gleichen Haltungsumwelt ver- schont bleiben oder die typischen Läsionen nach kurzer Zeit komplikationslos abheilen und nicht wieder auftreten. Die Ursache für Unterschiede findet sich im Genom der Kühe. Vereinfacht bedeutet das, dass einige Tiere in ihrem Erbgut Gensequenzen auf- weisen, die eine höhere Widerstandskraft gegenüber dem Erreger der DD vermitteln. Diesen genetischen Unterschied hat sich die Arbeitsgruppe von Prof. Swalve von der Universität in Halle zunutze gemacht und in Zusammenarbeit mit den deutschen Zucht- organisationen eine genomische Zucht- wertschätzung DD control entwickelt. Mit DD control steht dem Milchviehalter jetzt erstmals eine Möglichkeit zur Verfügung, DD mittels einer gezielten Bullenauswahl zu bekämpfen. Die Herausforderung bei der Entwicklung von DD control lag in der sehr genauen Erfassung der Phänotypen, also der Un- terscheidung von kranken und gesunden Tieren im Testbetrieb. Die Kunst besteht darin, erkrankte Tiere von gesunden zu trennen. Werden bei der Datenerfassung Fehler gemacht, wirkt sich dies negativ auf die Qualität der späteren Zuchtwerte aus. Die Arbeitsgruppe um Prof. Swalve hat er- kannt, dass es wichtig ist, nicht nur Tiere mit dem erdbeerroten Akutstadium der Gruppe von erkrankten Tieren zuzuord- nen, sondern auch die deutlich schlechter erkennbaren chronischen Stadien. In zwei von den deutschen Zuchtorganisationen fi- nanzierten Projekten kamen so über 5.000 sehr genau befundete Kühe zusammen, die auch gleichzeitig genomisch typisiert waren. Mittels mathematisch-statistischer Verfahren wurden im nächsten Schritt SNP-Effekte geschätzt, aus denen dann eine genomische Schätzformel abgeleitet Dermatitis Digitalis (DD), auch als „Mortellaro`sche Erkrankung“ oder Erdbeerkrankheit bekannt, ist eine infektiöse (ansteckende) Entzündung der Klauenhaut, meist an typischer Stelle oberhalb des weichen Ballenhorns. Einmal durch Zukaufstiere eingeschleppt, verbreitet sich DD im Rinderbestand und lässt sich nur schwer behandeln. Akut betroffene Tiere gehen leicht bis mittelgradig lahm und verursachen hohe Kosten. Ein einzelner Fall schlägt mit 300 bis 500 Euro an Milchgeldverlust, Be- handlungskosten usw. zu Buche.

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